Sprachcafés für ukrainische Flüchtlinge
SVZ 07./08.05.2022 In Bützow wird mit dem Sprachcafé jetzt ein neues Angebot zur Integration von ukrainischen Flüchtlingen gestartet. In Güstrow ist das Projekt bereits erfolgreich angelaufen.
In der Ukraine wütet ein fürchterlicher Krieg. Die Folgen neben viel Elend, Schutt und Asche sind Wellen von Flüchtlingen. Die Behörden sind überfordert, die meisten Ukrainer sind über private Wege untergekommen. Auch in unserer Region ist das der Fall. In Bützow tun sich nun Vereine und Träger zusammen, um Ukrainern bei der Integration zu helfen.
Gudrun Radziwolek ist eine engagierte Bützowerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt. Auch im Jahr 2015 engagierte sie sich. „Ich habe viele Menschen im Bekanntenkreis, die seinerzeit Flüchtlinge aufgenommen hatten“, sagt die Bützowerin. Bereits damals habe sich schnell gezeigt, dass unbedingt Sprachkurse benötigt werden.
Das werde nun auch wieder deutlich. Deswegen rief Gudrun Radziwolek bereits vor Wochen einen Sprachkurs mit dem Bützower Juri Korobkin als Dolmetscher ins Leben. Sie erzählt: „Nach zwei Wochen saßen da bereits 40 Menschen.“ Natürlich viel zu viele für einen Sprachkurs, um auch wirklich jeden an die Hand zu nehmen. Deswegen wurden sie aufgestockt. Juri Korobkin floh 2015 übrigens selbst aus der Ukraine, als die Russen die Krim übernahmen. Seither lebt er in Bützow.
Drei Sprachkurse sollen mit Zertifikaten enden
Inzwischen gibt es viermal die Woche Sprachkurse mit insgesamt 56 Teilnehmern. Einen davon für ältere Ukrainer und drei für jüngere. Der Unterschied ist die Zusammensetzung der Teilnehmer. Bei den Älteren halten sich Männer und Frauen die Waage. Bei den Jüngeren sind es vorwiegend Frauen, oft mit kleinen Kindern. Ihre Männer durften nicht ausreisen. Alle wehrfähigen erwachsenen Männer müssen in der Ukraine bleiben und mit der Waffe das Land verteidigen.
In den Kursen zeigte sich unter den Teilnehmern, dass viele der jungen Menschen wohl auch nicht mehr zurück in die Ukraine gehen können. Mitunter aus dem simplen wie verstörenden Grund, dass ihr Haus, ihr Viertel und sogar ihre ganze Stadt in Schutt und Asche liegen.
Die deutschen Behörden haben bereits ermöglicht, dass geflüchtete Ukrainer hier schnell arbeiten dürfen. Aber ohne Sprachkenntnisse? „Deswegen haben wir uns entschieden, die drei Kurse für Jüngere mit dem Abschluss eines Sprachzertifikats anzubieten“, erklärt Gudrun Radziwolek.
Im Sprachcafé geht es um mehr als die Sprache
Die Sprache ist ein wichtiger Baustein, um in einer neuen Region Fuß zu fassen. Aber nicht der einzige. Deswegen haben sich in Bützow Gudrun Radziwolek als Stadtvertreterin, Gleichstellungsbeauftragte und Vorsitzende des Sozialausschusses in Personalunion, Johanna Dittmann als Leiterin der Rotkreuz-Akademie, Monika Finck vom Verein Gemeinschaft Leben und Mirko Flora als DRK-Quartiersmanager als Vernetzer zwischen allen zusammengetan.
Gemeinsam haben sie mit dem Sprachcafé ein neues Angebot ins Leben gerufen, das am Montag, 9. Mai, ab 10 Uhr in der Begegnungsstätte des DRK-Wohnparks an der sogenannten Möbelwerkskurve startet und wöchentlich stattfinden soll.
Schätzungsweise 80 bis 90 Ukrainer im Amt Bützow-Land
Beim Sprachcafé soll es eben um mehr gehen als um die Vermittlung der Sprache. Mentalität, deutsche Kultur, Begegnungen sollen geschaffen werden, erklären die Initiatoren. „Wir haben hier ja gute Räumlichkeiten dafür“, sagt Mirko Flora.
Außerdem könnten die Ressourcen des DRK-Kreisverbands genutzt werden, darunter auch Beförderungsmöglichkeiten. Denn schließlich sind ja nicht alle Ukrainer direkt in Bützow untergebracht, sondern im gesamten Amtsgebiet. Die Zahl schätzt Gudrun Radziwolek auf 80 bis 90, genau weiß das aber keiner. „Aber es kommen gefühlt jeden Tag noch Menschen an.“ Keine Seltenheit, dass das Telefon klingelt und in der Whatsapp-Gruppe steht: „Morgen kommt eine Familie mit zwei Kindern, wer kann sie aufnehmen?“
„Es soll Hilfe bei Anträgen gegeben werden, wir finden bei Bedarf einen Arzt und es soll insgesamt Vertrauen untereinander aufgebaut werden“, sagt Johanna Dittmann über das neue, kostenlose Angebot. Dabei werden Gudrun Lidzba, Nicole Schierning und Tabea Thiemann als Ehrenamtliche tatkräftig helfen und vor Ort sein.
Auch Ausflüge werden organisiert oder gemeinsames Kochen nach deutschem Rezept. Wie viele Ukrainer kommen wird eine Überraschung. Zwar wird um Anmeldung gebeten, aber das wissen die Ukrainer ohne Sprachkenntnis nicht.
Anmeldungen sind unter 03843/27799833 oder per Mail an rotkreuzakademie@drk-guestrow.de möglich. Kinder sollen ausdrücklich mitgebracht werden. Dass Erzieherin Monika Finck eigentlich immer eine Kiste voller Spielzeug im Auto hat, könnte sich dann auszahlen.
Erstes Sprachcafé in Güstrow verlief erfolgreich
In Güstrow ist das Sprachcafé bereits am Donnerstag gestartet. Auch hier wusste keiner, wie viele kommen werden. Es wurden 16. „Es hat super geklappt“, sagt Johanna Dittmann. Irina Köhler leitet das Café im DRK-Haus der Familie, Friedrich-Engels-Straße 26. Das Angebot findet nun immer donnerstags ab 9 Uhr statt. „Nach einem kurzen Kennenlernen haben wir erste sprachliche Basics wie Danke, Bitte und Guten Tag geübt“, sagt Irina Köhler über das erste Treffen.
500 Euro vom Landkreis Rostock haben es ermöglicht, dass die Sprachcafés starten können. Das Geld wird als Kofinanzierungsanteil genutzt, um Mittel des DRK-Bundesverbands abrufen zu können. Spenden werden dafür eingesetzt.
Damit besteht die Grundlage, auch in den Ämtern Gnoien, Laage und Krakow am See Sprachcafés ins Leben zu rufen. Allerdings werden dafür noch Kursleiter benötigt, die sich mit den Ukrainern verständigen können. Wer sich angesprochen fühlt, wird gebeten sich bei Johanna Dittmann unter 03843/27799833 oder per Mail an rotkreuzakademie@drk-guestrow.de zu melden.
Christian Jäger