Frauenschutzhaus Güstrow: Warum der Arche-Verein die Trägerschaft aufgibt
Nordkurier online 18.03.2025 von Christian Jäger

Permanente Finanzierungsnöte und wachsende Bürokratie machen dem Arche-Verein als Träger des Güstrower Frauenschutzhauses seit Jahren zu schaffen. Nun übernimmt ein anderer Träger.
Zum 1. Januar 2032 tritt das Gewalthilfegesetz in Kraft. „Es ist ein Gesetz, mit dem bundesweit das Hilfesystem ausgebaut und Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen geschlossen werden können – auch durch die zukünftige Beteiligung des Bundes an der Finanzierung“, so Noch-Sozialministerin Lisa Paus (Grüne).
Bislang ist es so, dass Frauenschutzhäuser eine freiwillige Leistung sind und die Träger Jahr für Jahr Geldern hinterherhecheln müssen. Insgesamt ist die Bürokratie sehr gestiegen. In Güstrow führt das nun zu einem Trägerwechsel. Der DRK-Kreisverband Güstrow übernimmt die Trägerschaft der Einrichtung vom Verein ‚Arche – für Frau und Familie‛.
Permanente Finanzierungssorgen beim Arche-Verein
Der ehrenamtliche Arche-Verein hat die Trägerschaft seit gut 30 Jahren inne. Und obwohl alle Entscheidungsträger immer wieder betonen, wie wichtig diese Einrichtung ist, war eine verlässliche Finanzierung nie gegeben. Jedes Jahr aufs Neue muss der Verein Klinken putzen, um das erforderliche Geld hereinzubekommen.
Es gibt verlässliche Unterstützer, wie beispielsweise die Stadt Güstrow, die das Gebäude zur Verfügung stellt. Aber damit ist es nicht getan. Die Betreuung und Beratung kosten Geld, die Mitarbeiter müssen etwas verdienen. Kreis und Land haben regelmäßig projektbezogene Gelder gezahlt, Sicherheit gab es aber nie. Es ist keine Seltenheit, dass die Mitarbeiterinnen Mitte des Jahres noch gar nicht wissen, ob sie seit Anfang des Jahres überhaupt Geld für den Verein bekommen. Kommunale Haushalte sind meist erst im Sommer oder Herbst fix.
Trägerschaftswechsel nach mehr als 30 Jahren
Mit all solchen Problemen – neben der eigentlichen Arbeit mit den Frauen und zum Teil deren Kindern – müssen sich bislang die Ehrenamtlichen des Arche-Vereins herumschlagen. Deswegen wurde ein neuer Träger gesucht. „Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Unser Vorstand trägt diesen Verein mit viel Hingabe und Engagement seit mehr als 30 Jahren, aber die bürokratischen Hürden werden für einen rein ehrenamtlich geführten Träger, der zudem als Arbeitgeber agiert, immer größer. Auch wird es zunehmend schwieriger, Vereinsmitglieder zu finden und einen Vorstand zu stellen“, so Einrichtungsleiterin Jacqueline Garske.
Ein Beispiel für die Schwierigkeiten und Abhängigkeiten des Vereins ist die Gewaltberatung in Bad Doberan. Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Rostock, Marion Starck, hatte entschieden, die Zuwendungen an die Opferberatung von 24.500 auf 12.500 Euro zu kürzen, um die Differenz dem Kreisdiakonischen Werk Greifswald für Gewaltberatung, Tätertherapie und Männerberatung zur geben.
Finanzierungslücke verursacht Aus der Opferberatung
Lange ging dieses Thema hin und her, begleitet von offensichtlichen Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Träger und Gleichstellungsbeauftragter. Das Problem aus Sicht des Vereins: Nur, weil es jahrelang Summe X gab, bedeutet das nicht, dass es in Zukunft auch so ist. Die Folge in diesem Fall verriet Sozialdezernentin Anja Kerl jüngst im Kreisausschuss. Der Arche-Verein gibt die Opferberatung zum Juli auf.
Ganz so dramatisch ist es um das Frauenschutzhaus nicht bestellt. Und trotzdem schwebt immer Zukunftsangst im Alltag mit. Erst das neue Gesetz verspricht Sicherheit. „Jede Frau erhält durch dieses Gesetz einen Anspruch auf kostenfreien Schutz und Beratung“, so Bundes-Sozialministerin Paus. Dann könnte es um die Finanzierung ruhiger werden. Könnte. Ob es so kommt, bleibt nämlich abzuwarten. Wenn es keine Beratungsstellen gibt, hilft einem auch das Recht auf Beratung nichts. Es gibt auch einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz.
DRK will bewährte Arbeit fortsetzen
Bis es ruhiger werden könnte, wird noch Zeit vergehen. Zeit, die der Arche-Verein nicht mehr verspürt. Deswegen die Suche nach einem neuen Träger, die nun beim DRK endet. „Uns war wichtig, dass die Mitarbeiterinnen auf diese Reise mitgenommen werden und das DRK hat die richtige Motivation gezeigt, sich dieser Aufgabe für die zu versorgenden Menschen und die Mitarbeitenden zu stellen. Das hat man gespürt“, so Jacqueline Garske.
„Die Mitarbeitenden erfüllen hier eine extrem wichtige gesellschaftliche Aufgabe und genau deshalb haben wir uns als Träger entschieden zu übernehmen, denn genau dafür stehen auch wir als Rotes Kreuz“, erklärt DRK-Vorstandsvorsitzender Alexander Plass.
In trockenen Tüchern ist der Wechsel allerdings noch nicht, letzte Fragen seien zu klären. Man sei aber zuversichtlich, die Übernahme zum 1. Oktober durchführen zu können, so Alexander Plass. Das Angebot und das Team des Frauenschutzhauses sollen indes erhalten bleiben.
Hintergrund und Kontakt
Das Frauenschutzhaus in Güstrow
Das Frauenschutzhaus ist eine Kriseneinrichtung. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die Schutz vor häuslicher Gewalt suchen müssen, eine geschützte, anonyme Wohnmöglichkeit mit psychosozialer Beratung und Begleitung.
Die Aufnahme von Frauen und ihren Kindern ist an jedem Tag des Jahres und zu jeder Tageszeit möglich. Kontakt kann telefonisch unter 03843/683186 oder per Mail an fsh@arche-ev.de aufgenommen werden.